Silvesterkonzert
31. Dezember um 19:30
Besinnlich, tröstlich, schön –
Orgelkonzert in St. Anna an Silvester
Die Orgel wird die Königin aller Instrumente genannt, weil sie das lauteste, tiefste und größte ist und gleichzeitig auch am zartesten säuseln kann. Ihr Klang vermag zu erschüttern, zu brillieren, zu verlocken oder gleich ein ganzes Orchester zu ersetzen:
Mehrfach-Preisträger und Orgel-Newcomer David Kiefer wird das alte Jahr an der Orgel mit einem sehr vielseitigen Programm polyphon verabschieden.
Der Abend beginnt mit Johann Sebastians Bach Toccata und Fuge – ein kirchenmusikalischer Mega-Hit. Allein die drei weltberühmten fragenden Rufe gleich zu Beginn sind so voller Pathetik, dass man als Zuhörer unwillkürlich mitten in das musikalische Geschehen hineingezogen wird: Dem rhythmischen Drive der Bach-Toccata kann sich niemand entziehen.
Mit Jan Pieterszoon Sweelinck folgt ein Komponist der Spätrenaissance – zeitlich also noch vor Bach. „Mein junges Leben hat ein End“ ist auch hörbar schlichter angelegt. Für die Zuhörer ist es dadurch leichter, dem Hauptmotiv durch alle Variationen zu folgen. Zur Zeit seiner Entstehung dürfte der Text des Kirchenliedes noch allgemein bekannt gewesen sein – was das kunstvoll Verwobene sicher noch eindrücklicher machte.
Die Ouvertüre zu Richard Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ im Arrangement von Edwin H. Lemare ist so etwas wie eine kleine, in sich abgeschlossene symphonische Dichtung nur für Orgel, die hier ein ganzes Orchester mühelos ersetzt: Allegro, Andante und Scherzo lassen sich als Formabschnitte leicht erkennen und münden darin, dass das Anfangsthema noch einmal kraftvoll – wortwörtlich mit fast allen Registern – aufgegriffen wird.
Etwas sperriger ist „Moto Ostinato“ aus dem großangelegten Orgelzyklus “Sonntagsmusik” von Petr Eben. Man kann sich gut vorstellen, dass der Katholik, Halbjude und KZ-Überlebende Petr Eben beim Komponieren an der Orgel freiheitliche Rückzugsräume in der sozialistisch geprägten Tschechoslowakei fand.
In „Moto Ostinato“ lässt Eben einen treibenden Rhythmus kontinuierlich durch das gesamte Stück laufen. Wobei das musikalische Thema immer wieder auftaucht, mal in der rechten, mal in der linken Hand, mal im Pedal – Am Ende dann in voller Registrierung. Petr Eben hat seine Komposition mit 1. Januar 1959 datiert. Vielleicht ist dieses Datum der Schlüssel zum offenen Schluss? Ein religiöser Verweis darauf, dass es auf Erden keinen Schlussakkord, keine Schlusskadenz oder auflösende Harmonie geben kann? Es vielmehr einfach immer weiter geht? Auf jeden Silvester-Abend folgt jedenfalls ein Neujahrstag…
Bis es aber soweit ist, dürfen sich die Konzertbesucher zum Ende des Silvesterkonzerts noch auf eine musikalische Hommage an Anton Bruckner freuen: Er wäre im ausgehenden Jahr 2024 200 Jahre alt geworden. Einen Grund zum Feiern gibt es immer – erst recht mit Musik!